Erfolgsgeschichte
Veröffentlicht: Vor 3 Jahren

Mapping Medieval Vienna: Die digitale Edition historischer Grundbücher mit Unterstützung von Transkribus

Ein zentrales Ziel des Forschungsprojekts "Mapping Medieval Vienna" ist es, die Wiener Grundbücher des 15. Jahrhunderts für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn die Grundbucheinträge enthalten eine Vielzahl von Informationen, die für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des späten Mittelalters von großer Bedeutung sind. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts, nachdem der Wiener Rat in den Besitz der städtischen Grundrechte gelangt war, wurden alle Hausgeschäfte akribisch aufgezeichnet, so dass sowohl die Preise der Häuser als auch detaillierte Informationen über ihre Lage und ihre Bewohner überliefert sind.

Arbeitsablauf


Dieses Informationsbündel erlaubt es, ein sehr konkretes Bild der sozialen Topographie der Stadt Wien zu zeichnen. Etwa kann eine Lokalisierung der in den Grundbüchern genannten Liegenschaften erfolgen, sodass sich die exakten Nachbarschaftsverhältnisse in einzelnen Straßen rekonstruieren und sogar georeferenzieren lassen. Auch können die finanziellen Mechanismen des Wohnmarkts näher betrachtet oder die tatsächlichen Lebensverhältnisse in den mittelalterlichen Häusern analysiert werden.

Bisher konnten solche Aspekte nur teilweise untersucht werden, da aufgrund der schieren Masse des Materials allein die Grundbücher der Jahre von 1368 bis 1419 in Form von Regesten publiziert wurden. Durch die HTR-Technologie von Transkribus ist es uns jetzt aber möglich, eine Auswahl vollständiger Grundbücher im Rahmen einer digitalen Edition zu veröffentlichen. Im Vorfeld des Projekts konnten wir durch die Transkription von ca. 30 Folios aus einem der Grundbücher ein erstes Modell trainieren, das die spätgotische Kursive der unterschiedlichen Wiener Schreiber zuverlässig erkennt. Dieses Base-Model kommt bei den zur Edition ausgewählten Grundbüchern zum Einsatz, um auf Knopfdruck eine Rohfassung der Transkription zu generieren, die mit geringem Auffand nur noch kontrolliert und leicht normalisiert werden muss. Durch die stetig wachsende Anzahl an Trainingsmaterial wird das Base-Model zudem fortlaufend erweitert, wodurch es immer präziser wird. Derzeit liegt die Fehlerquote (CER) unter der Marke von 2%.

Auf diese Weise trägt Transkribus maßgeblich dazu bei, die Transkription in kürzester Zeit zu bewältigen. In einem zweiten entscheidenden Schritt werden auch die relevanten Textinformationen nach TEI/XML-Standard ausgezeichnet. Somit kann eine Graph-Datenbank aufgebaut werden, in der alle Personen, Institutionen, Liegenschaften und Preise erfasst sein werden. Transkription und Auszeichnung dienen letztlich als Grundlage für die Online-Edition der Quellen. Diese soll es den Benutzern ermöglichen, die Grundbücher digital einzusehen und auf die dahinterliegende Datenbank zuzugreifen.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt und ist an der Freien Universität Berlin am Arbeitsbereich für Mittelalterliche Geschichte mit dem Schwerpunkt Hoch- und Spätmittelalter angesiedelt. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/fmi/bereiche/mittelalter/ab_ertl/Mapping-Vienna.html    

Beispiel für ein "Grundbuch"

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